Thursday 11 December 2008

THE WE(S)T COAST

Wanaka
Donnerstag, 11. Dez. 2008 19:25
S44 41.801 E169 07.917

Man nehme ein paar schroffe Berge und reichlich Regenwald, ein paar Schafe, eine Prise Gold, 3 Rinder und 4 Farmer und vermengt alles im einem Topf. Dazu mischt man ein paar Wekas*, streut 1000 Sandfliegen darüber (damit bitte nicht sparen) und schäumt alles mit viel Salzwasser auf. Wenn alles gut gemischt ist, ertränkt man diesen Brei mit der 10fachen Menge Regenwasser und bläst dreimal kräftig drüber. Und schon hat man vereinfacht eine kleine neuseeländische Westküste gezaubert. Bitte gekühlt servieren! Zimtkaffee und ein gutes Buch passen perfekt dazu.

Die Westküste hier war natürlich schon serviert und wir mussten sie nur noch genießen. Nur manchmal war dies nicht so einfach. Die Landschaft ist atemberaubend und mancherorts wild. Das Meer ist auch bei schönstem Wetter tosend und rau. Der Wind peitscht über die Wellen, strandnahe Bäume haben Fönfrisuren. Die Strände selbst sind ein Sammelsurium von unzähligem Treibholz. Glattpolierte Wurzeln oder ganze Bäume würden so manche Galerie bereichern. Flüsse und Bäche sind oft von Tannin rotbraun gefärbt, und dennoch erstaunlich klar. Zu einem Schauspiel kommt es an Flussmündungen. Bei steigender Flut drängt helles Salzwasser den Fluss zurück, fast fließt er jetzt rückwärts. Wie Öl und Wasser bleiben die beiden Flüssigkeiten getrennt oder kreieren umfließende Formen.

Zu Beginn wurden wir in heftigen Regenfällen ertränkt, an einem entlegenen Strand sogar regelrecht eingeschlossen. Einen Tag zuvor hatten wir einen winzigen Bach in einer Furt durchquert. Dieser schoss nun reißend und hüfthoch über den Weg. Mit Kaffee und Keksen verkriechen wir uns ein paar Tage im Auto und verschlingen Bücher. Wehe wenn sie ausgelesen. Oder man flechtet mal etwas zur Abwechslung. Neuseeländischer Flachs wächst fast überall. Mit einer Anleitung, 8 Stunden Zeit und ein paar Knoten in den Fingern kann man daraus wunderschöne Taschen zaubern. Der Regen scheint scheinbar nur die possierlichen Wekas nicht zu stören. Wie der Kiwi sind es fluglose Vögel mit einem übersteigerten, fast respektlosen Interesse an herumliegenden Camputensilien. Die anfängliche Scheu ist schnell überwunden und der kleine Zeh wird schnell mal mit einem dicken Wurm verwechselt. Ouch! Wehe man lässt den knallgelben Abwaschschwamm irgendwo liegen. Den kann man dann in den umliegenden Büschen suchen, wo sich auch die vermisste Seifendose wieder findet.

Der raue Wind bläst einen mancherorts fast weg, zum Glück auch den ständigen Schwarm gemeingefährlicher Sandfliegen. An geschützten Stellen stürzen sich Tausende dieser obstfliegengroßen, stechenden Plagegeister auf jedes Stück unbedeckte Haut und man wird schnell zum nervlichem Wrack. Manchmal suchen wir einfach nur das Weite, verfolgt und in die Flucht geschlagen. Im Auto hängen noch 50 damit man auch die Fahrt genießt. Sprays und Cremes helfen nur bedingt. Hände und Füße sehen aus als hätte man die Masern, und man könnte sich zu Tode kratzen.

Die riesigen Gletscher weiter südlich sind nicht schwer zu finden (einfach den ganzen Mietwagen hinterher, dort wo die Helikopter kreisen ;-). Schwieriger wird es wenn man seinen privaten, kleinen Goldrausch startet und sich mit Goldwaschpfanne und Spaten auf die Suche nach ein paar Nuggets macht. Der unermessliche Goldboom vergangener Zeiten ist längst vorbei, doch findet sich an einigen Ecken noch ein Hauch davon. Ein Local zeigt mir sogar, wie er im feinen Sand am Meer Goldkrümel wäscht. Vor Jahrtausenden haben es die Gletscher bis dorthin getragen. Nach Stürmen kann man den von der Brandung zermahlen Goldstaub am Stand finden. (Ich hab ihn noch nicht gefunden). Auch in Bächen und den eisigen Flüssen soll man noch Stücken finden (Da hab ich auch noch nichts gefunden – außer Sandfliegen – aber ich arbeite dran) Der Wert von ein paar Krümeln ist nicht zu verachten. Ein Teelöffel voll bringt über 1000 Dollar. Nun habe ich mich erst mal mit einer schicken Goldwaschpfanne ausgestattet und im Netz ein paar geologische Anfänger-Tutorials ergoogelt. ->link
Auf dem Weg nach Fjordland werden wir die nächsten Tage Otago durchqueren. Genannt auch: The Gold Country. Vielleicht hat man ja mal Glück. Es sind schon Stücken von 2,5 Kilo gefunden worden ;-)

pics: (1) rainforrest with tannin colored stream; (2) flooded road; (3) our windswept coastcamp near karamea; (4) endless beach near Haast (5) franz josef glacier; (6) the weka; (7) southern alps including Mt.Cook from Gillespies beach lagoon

**hehe, hab gerade gesehen dass wir bei google maps verewigt worden. Geht mal auf http://maps.google.com und gebt S36 50.800 E174 46.313 ein. Bei "street view" gibts die street cam vom google mobil. Steht unser Auto vor der alten Wohnung ;-) **

2 comments:

Lieb-Hab-Bärin said...

Ach Mann, das klingt ja super interessant, wobei 8 Stunden flechtend im Auto sitzen? Ich glaube, da wird meine Orangenhälfte mir viel vom Leben draußen erzählen ;0)
Gibt es auch die Flechtbeweisbilder zu bestaunen?
Die kleinen Biester würden mich bestimmt ganz schön wütend machen und da würde ich garantiert einige Zeit fluchend gegen sie kämpfen, aber ob ich dabei Erfolg hätte ;0)...
Auf jeden Fall wünsche ich Euch schöne Feiertage an der Westküste!(Übrigens die Beschreibung fand ich einfach sehr gelungen, man kann sich das Ganze ja richtig bildlich vorstellen!)
Liebe Grüße aus Stollenhauptstadt
von Olga
P.S. Unser Weihnachtsgruß gibt es hier: www.marvinchen.de

Heiko said...

Servus Ihr tasmanischen Neuseelandaustralier, Grüße von den 4Waldbären aus DD.

Hoffen das der der W.mann euch ein 5kg Nugget untergejubelt hat ;-) .
Falls Ihr Stricknadeln zum Flachsklöppeln braucht, nehmt doch zwei von den 5 m Angeln, aber im Auto bisschen sperrig...

Ach und gegen fliegendes Ungetier, Brüllmücken und dergleichen hilft ggf.Imker Equipment.

Eure Berichte lesen sich immer wieder genial, sehe schon einen zukünftigen Michael Martin oder so was in der Richtung.
Wir wünschen euch einen schönen Jahreswechsel und Start in 2009, natürlich abseits der Hochglanzprospekttouren, bis bald Heiko&die Mädels