Saturday 22 March 2008

DAS ROTE HERZ

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21. März 2008 22:46

…Wir arbeiten noch 2 Wochen auf Crab Claw Island. Extreme Regenfälle spülen ganze Straßenteile weg. Einzige Zufahrt ist nun ein Allrad Buschtrack, der für Notfälle gedacht ist. Nach dem letzten Cyclone müssen wir diesen aber erst mit Kettensägen von umgestürzten Bäumen befreien. Das Angeln ist wieder fantastisch und wir werden auch gut durchgefüttert. Schließlich reißen wir uns endlich von Darwin und den Tropen los und nehmen Kurs auf das rote Herz Australiens - Die zentralen Wüsten und die MacDonnell Ranges. Heute werden wir die letzten Besorgungen in Alice Springs machen und uns dann auf die staubigen Pisten stürzen…

Die Kilometer vergehen wie im Fluge. Innerhalb von Stunden haben Buschland, Grassteppen und roter Staub das Grün der Tropen abgelöst. Von einem Extrem ins nächste. Waren es gerade noch gute 100% Luftfeuchte sind es jetzt fast null. Die Nächte sind kühl und klar - im Schlafsack verkrochen und mit 1000 Sternen überm Zelt. Auch die vielen Mücken sind fast verschwunden. Dafür quälen einen Millionen respektloser Buschfliegen. Augen, Nase, Mund und Ohren – überall. Hat man eine verscheucht, kommen 10 andere. Auf dem Rücken machen sich es die restlichen 100 gemütlich.
Es ist unsere kleine „Hauptattraktions-Runde“. Zumindest wird dies überall so beworben. Kings Canyon [Watarrka] , Ayers Rock [Uluru] und die Olgas [Kata Tjuta]. Auch wenn wir uns über staubige Pisten von hinten anschleichen um dem breiten Highway samt Reisebussen zu umgehen – vor Ort erschlägt uns der bunte Wahnsinn. Aus dem Boden gestampfte Ressorts und ein „no camping“ Schild an garantiert jeder Ecke. Ganze Horden von Reisegruppen, lautstarke Backpacker-Safaris, Mietwagen und Campervans. Mittendrin statt nur dabei.
Den Ressorts kann man entgehen – den Leuten nicht.
Trotzdem hat jeder dieser drei Orte eine überwältigende Schönheit. Stellenweise kann man diese sogar fast allein inhalieren. Viele der großen Gruppen verzichten auf die längeren Walks und sind genauso schnell weg, wie sie gekommen sind. Sie sehen nur die Hälfte und bezahlen das Doppelte.
Wenn man zum wirklich imposanten Sonnenuntergang am Ayers Rock fährt, weiß man: man ist nicht allein. Es gibt sogar Sektbuffet vorm Bus mit Blitzgewitter von Digitalkameras
Wenn man zum wirklich imposanten Sonnenaufgang zum Ayers Rock fährt, früh gegen halb 6, denkt man: so viele können es nicht sein...
Ca 200 dachten das Selbe.

Pics: (1) Arbeitsauto gewässert; (2) Abendbrot – Great Trevalley; (3) Stumfront; (4) einsammer Dingo; (5+6) Devils Marbels Cons. Reserve; (7) Uluru sunset; (8) Uluru sunrise

TASMANIEN TEIL II

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…nach dem South Coast Track in Tasmanien brauchten wir erst einmal wieder etwas zum entspannen.
So schön und abenteuerlich vieles klingt, es ist nicht immer einfach unterwegs. Egal wo man ist und was man macht. Nicht alle Torturen werden sofort belohnt. Ob Backofenhitze, Kälte oder dauerfeuchte Sachen, Autopannen, Geldmangel, Autoenge, Streit, einfach fertig sein oder täglich umziehen – natürlich gibt’s unterwegs auch miese Tage und das soll hier nicht fehlen. Die Rucksacktour durch Tasmanien war unbeschreiblich schön, keine Frage. Doch gerade dieses Langstreckenwandern oder Trampen zehrt auch an den Kräften. Man hat immer seine 20 Kilo auf dem Rücken, egal bei welchem Wetter. Kein Auto was alles trägt oder wo man sich zurückziehen kann. Wenn es regnet, steht man im Regen. Manchmal Stundenlang, wenn es mit dem Trampen gerade nicht klappt. Zwei so triefend nasse Rumtreiber mit nem ganzem Haushalt auf dem Rücken nimmt nicht jeder sofort mit. Oder die Elemente spielen mit einem. Tasmanien ist bekannt für 4 Jahreszeiten in einem Tag. Kaum rüstet man sich gegen Regen oder Kälte mit teurer Outdoor-Bekleidung, prasselt die Sonne von oben und die Brühe läuft einem innen lang. Wutausbrüche provozieren tiefe Äste oder umgestürzte Bäume. Der Rucksack ist höher als der eigene Kopf und irgendwas bleibt immer dran hängen. Man hängt fest, rudert wie ein Idiot mit den Armen, verflucht den Baum und alles ringsum und wuchtet das schwere Ding dann doch endlich wieder frei. Erst nachher lacht man über all diese Dinge und die Erlebnisse werden unvergesslich.

Jedenfalls waren wir unterwegs zu einer Halbinsel mit schönen Stränden zum „ausruhen“ – da geht die komplette Kameratasche verloren. Beim Trampen in aller Eile in einem Auto vergessen. Oder schon beim Einsteigen liegen gelassen? Kamera, Objektive, Bilder, Pass, Führerschein, alle Speicherkarten und MP3 Player. Alles weg. Fahrer unbekannt. Irgendwo in Tasmanien. Herzklopfen… Wir wussten nur, dass der Fahrer noch nicht lange in dem Ort lebt, in dem er uns abgesetzt hatte. Kein Name, kein Nummernschild. Die Frau von der Tankstelle wo wir ausstiegen hatte ihn schon einmal gesehen, sonst nichts. Sie hilft Nicole mit einigen Telefonaten mit umliegenden Polizeistationen. Ich bin weg – hetze alle Straßen ab, in der Hoffnung „Ihn“ zu finden. Ist die Tasche noch im Auto oder 100 km zurück am Straßenrand? Die Polizei am „Startort“ sucht inzwischen alles nach Daniels Kamera ab – keine Spur. Ich fahre mit der lokalen Polizei jedes Haus ab, in der Hoffnung, das Auto wieder zu finden - nichts. Notcamp am Strand. Die Hoffnung fast weg, der Urlaub stimmungsmäßig gelaufen. Der letzte Versuch: Ich frage abends im Pub den Leuten Löcher in die Bäuche. Ein Mitarbeiter kann sich wage vorstellen, wer es sein könnte, und strapaziert die eignen Telefonkosten. Irgendwann ist ein Mann dran, der sich sicher ist, zwei German Backpacker mitgenommen zu haben und er findet noch mit dem Telefon in der Hand die Kameratasche hinterm Fahrersitz. Was für ein Gefühl. Wir treffen uns auf ein-zwei Bier im Pub. Jeder ist happy. Er ist nun bekannt wie ein bunter Hund und der Urlaub ist gerettet. Früh schenken wir der Frau von der Tankstelle noch Pralinen für ihre Hilfe und trampen weiter Richtung Freycinet Peninsula – ein Nationalpark auf einer Halbinsel.

Fernab der vielen Tagestouristen verbringen wir ein Woche an einem kaum besuchten, entlegenen Strand. Badewetter. Das Wasser ist kristallklar und recht kalt. Opossums machen uns nachts das Zelt unsicher und kleine Kängurus kommen zum anfassen nahe. Als Gourmet gibt es oft große Miesmuscheln, die überall an den Steinen wachsen, und frittierte Tintenfischringe. Ein schöner Abschluss für Tasmanien. Von Hobart geht es wieder zurück in die Tropen nach Darwin. Temperatur und Luftfeuchte erschlagen uns schon am Flughafen. Die Regenzeit in vollem Gange. Wir machen uns triefend auf in Richtung Crab Claw Island. Zurück zum Auto. Hoffentlich hat der Rost es noch nicht aufgefressen…
Pics: (1) Cooks Corner - Freycinet NP; (2+3) Wallaby füttern; (4) roter Seestern am Strand; (5) Rückzieher