Tuesday, 27 May 2008

CAIRNS

23.Mai 2008 11:55
S16 55.108 E145 46.560

Städte sind immer wie Magneten. Sie halten einen fest, ob man will oder nicht. Cairns verschlingt uns einige Tage und die Reisekasse gleich mit. Nach dem Buschleben wird der Einkaufswagen in den großen Supermärkten besonders voll. Es gibt an jeder Ecke lecker asiatisches Essen, frisches Sushi oder Eis. Man kann nicht widerstehen. Alte Suchtgefühle stillt ein fast kostenloser Internetzugang. Man plant früh eine Stunde für ein paar Mails, bis die Straßenlichter draußen angehen und ein knurrender Magen einem sagt, das es etwas länger geworden ist. Nicole kauft sich auch noch nen kleinen Laptop, ein weiteres Kilo Technik im Auto. 2 Computer, 4 Festplatten, Kilometerweise Kabel und Adapter, GPS und 3 Kameras ist schon nicht ganz normal. Reisen 2008. In ein paar Jahren passt das alles in eine Hosentasche. Hoffentlich…
Das Great Barrier Reef ist von Cairns aus sehr nahe. Eines der Naturwunder dieser Welt und vielleicht ein Muss einer Australienreise. Die tausend Prospekte der Reiseveranstalter stoßen uns ab, doch wir buchen schließlich einen Tauchtrip. Das Wasser am Riff ist türkisblau und klar, keine Wolke am Himmel. Nach einigen Einweisungen sind wir in einem anderen Element. Als Tauch-Anfänger vereinnahmt die Ausrüstung unter Wasser einiges unserer Aufmerksamkeit, doch es ist ein Wahnsinns Gefühl. Ein Ort wo man eigentlich nicht hingehört, mit Druck von allen Seiten und doch fast schwerelos..
Sicher fragt sich der ein oder andere wie wir das hier so geldtechnisch meistern. Nun, ich will es mal ein bisschen offen legen: Natürlich bestimmt die Art von Reise, wie viel man sich leisten kann. Kann man sich nicht viel leisten, muss man aber nicht zwangsweise seine Erwartungen runterschrauben. Vielmehr seine Lebensweise.
Das wir in fast 9 Monaten nur eine Woche für Unterkunft bezahlt haben ist nur ein Punkt. Gibt es zum übernachten nur einen Resort in der Nähe, stehen wir wahrscheinlich daneben. Lieber fahren wir abends ein paar Kilometer aus der Stadt an einen leeren Strand, als uns in ein 10-Mann Hostel Zimmer zu zwängen und anstatt eines schicken Miet-Campervans haben wir unsere Do-It-Yourself Rostlaube, an der garantiert immer etwas zu tun ist. Aber sie bringt uns `rum und es wäre ehrlich gesagt auch manchmal nicht dasselbe Abenteuer, wenn man nicht ständig was zum basteln hätte. Ach ja, die Dusche. „Draußen“ ist es der Wassereimer, der Kanister auf dem Dach, ein klarer Bach oder das Meer, der Wasserhahn an einem Roadstop oder die rostige Dusche vom Roadhouse. In zivilisierten Gefilden geniest man das warme Wasser vom Caravan-Park, und geht zum Hintereingang hinaus, wo man hergekommen ist. Oder es gibt Luxus-Duschen am Strand.
Auf dem Benzinkocher wird das Abendbrot kreiert. Manchmal recht ausgefallen, und ab und zu etwas eintönig. Das gehört dazu. Der eine oder andere gefangene Fisch dazu, oder lecker Fleisch was hier recht günstig ist, ab und zu mal „Essen gehen“. Da bleibt viel übrig für andere Sachen und man kommt mit seinen paar Kröten einige tausend Kilometer weit, von denen jeder ein anderes kleines Erlebnis ist. Manchmal fehlt ein bisschen Luxus, manchmal ist man stolz auf diese Einfachheit und Unabhängigkeit. Keine Miete, kein Strom, keine Nebenkosten (außer Schokolade und ein paar Drinks) und kein Wecker früh, sofern man nicht das Meer im Morgenlicht fotografieren will.
Das Geld ist natürlich nicht alles, aber ohne kommt man nicht weiter. Ich will nur sagen, dass sich eigentlich fast jeder so eine Auszeit leisten kann, ohne arm zu werden. Reist mal wieder!
Ha, was haben wir für ein Leben. Leider gewöhnt man sich auch daran, sucht ewig den perfekten Platz zum Bleiben, wenn ein guter in Reichweite ist. Manchmal muss man einfach seine Sucht überwinden, alles zu perfektionieren. Ab und zu muss man sich förmlich zwingen, das Chaos im Auto zu übersehen oder das Gegrübel um die Zukunft vergessen und den wundervollen Ort zu genießen, an dem man gerade steht.
Der Lagebericht heißt diesmal: Regen! Tully, der nasseste Ort Australiens ist nur 30 Kilometer entfernt und man spürt es deutlich. Vor 5 Jahren hab ich dort in den Bananenplantagen gearbeitet, und es war auch nicht trockener. Wir stehen nahe Mission Beach, 2 Schritte von Auto das Meer. Ein „Autotag“ weil es regnet. An der Batterie saugen die Rechner, lesen, schreiben, Musik und Knabbereien, Standspaziergang und neue (gebrauchte) Radlager säubern. Die Schmuckstücke bau ich ein, sobald die Sonne wieder scheint. Bis dahin schreib ich euch….
pics: (1) dive trip; (2) cairns lagoon; (3) what the * is that?; (4) Mt Bartle Frere (1600m) Queenslands highest mountain

Monday, 12 May 2008

CAPE YORK

07.Mai 2008 19:32
S13 05.645 E142 56.435

..Der Staub der Wüsten liegt hinter uns. Oder er liegt in allen Autoecken. Und es sollte nicht der letzte sein. Wir sind auf dem Weg zur Ostküste von Queensland. Wie im Fluge ändert sich die Landschaft wieder. Mit jedem Kilometer wird es grüner. In den Tablelands angekommen fahren wir durch berauschend saftige Wiesen und grüne Hügel bis sich plötzlich die Bäume über der Straße treffen und der Regenwald einsetzt. Dichter und üppiger als zuvor in Darwin, mit Ranken und Lianen, Palmen und moosigen Urwaldriesen. Anstatt der braunen, mageren Rinder gibt es jetzt schwarz-weiß gescheckte Milchkühe, und am Straßenrand findet man häufig kleine Selbstbedienungs-Stände mit frischem Obst und Gemüse.

Cairns, die nördliche Touristenmetropole, schockt uns mit mehrspurigen Highways, Shoppingcentern und einer hektischen Innenstadt. Wir suchen nach ein paar Besorgungen und einem Großeinkauf schnell das Weite. Auf dem Bloomfield Track, einer Allrad-Piste entlang der Küste, verschwinden auch die letzten Tourbusse. Entweder nach dem ersten „Creek-Crossing“ oder bei den extremen Steigungen. Es lebe der erste Gang, und selbst der hat alle Mühe. Wehe man bleibt bergauf stehen…
Wir erreichen Cooktown, einen recht angenehmen Ort. Captain Cook machte hier 1770 sein Schiff, die Endeavour, wieder flott, nachdem er in den unzähligen Riffen auf Grund lief. Aufgrund seiner Lage ist Cooktown weitgehend vom Tourismus verschont geblieben und man kann nur hoffen dass der Charme einer verschlafenen Kleinstadt noch eine Weile erhalten bleibt.

Queensland hatte die nasseste Regenzeit seit 30 Jahren mit schweren Überschwemmungen hinter sich. Umso mehr Bedenken hatten wir für die Fahrt zum nördlichsten Punkt Australiens. Cape York- the top end. Mit einer Fläche von 207.000 km² und nur 15.000 Einwohnern, verteilt auf einige wenige Orte, eines der größten Wildnisgebiete Australiens. Trotz einer „road closed“ Warnung für die letzte Etappe machen wir uns auf den Weg. Mit reichlich Vorräten, 3 Ersatzreifen und allem möglichen anderem Kram verlassen wir Cooktown. Über 2000 km offroad liegen vor uns.
Die Wellblechpisten nagen an Auto und Nerven, doch ab dem Abzweig zum Iron Range National Park an der Ostküste geht es erst richtig los. Man sieht und spürt, wie das Regenwasser an den Pisten genagt hat. Mit unserem langen Radstand haben wir an einigen Auswaschungen Probleme. Das Auto sitzt vorn oder hinten auf, und die Räder hängen frei. Diese Holperstrecke ist trotzdem ein riesen Spaß und hinter jeder Ecke lauert ein anderes Hindernis. Bis wir vor dem ersten Fluss stehen. Der erste von 2 großen Durchquerungen, von den unzähligen Bächen auf dem Weg abgesehen. Schnellfließendes Wasser mit weichem, sandigem Boden. Nach intensiver Autopräparation schaffen wir es ohne Probleme und nach einem weiteren abenteuerlichen Streckenstück stehen wir vor dem zweiten. Der Pascoe River. Doppelt so breit, ein zugewachsenes Krokodil Warnschild am Straßenrand. Kein Auto in Sicht, was voraus fährt. Kein durchlaufen um Tiefe und Untergrund zu prüfen. Man könnte als Snack enden.
Ist man in der Mitte schlägt das Herz schon im Hals. Bloß nicht stecken bleiben!

Nach allen Hürden erreichen wir schließlich Iron Range National Park. Die Belohnung ist das größte und wildeste Regenwaldstück Australiens und ein Camp an einem Traumstrand mit unzähligen Kokospalmen. So viele wie noch nie. Man muss aufpassen wo man sich, Zelt und Auto hinstellt. Die reifen Kokosnüsse schießen überall zu Boden, wo sie zu hunderten herumliegen.
Es geht die ganze Strecke zurück und dann weiter nach Norden Richtung Cape York. Bei einigen Camps entlang der Stecke zaubern uns Dingos eine ordentliche Gänsehaut auf den Rücken. Man wird im Zelt nachts wach, hört dieses laute Heulen. Ein Klang der so durch und durch geht, manchmal nur wenige Meter entfernt. Normalerweise scheu und relativ ungefährlich veranlassten sie uns einmal sogar zur Flucht ins Auto.
Der eigentliche Track, die kürzeste Strecke, ist noch unpassierbar. Es bleiben uns aber noch Umfahrungswege und somit schießen wir auf endlosen Staubpisten der Spitze entgegen. Am Ziel angekommen belohnt uns ein oft fotografiertes Metallschild und ein paar endlose Strände. Ein Reifen bleibt zurück, nachdem ein Ast die Seite aufreißt. Damit wir für den Rückweg ein fertiges Ersatzrad haben, müssen wir den kaputten Reifen von der Felge hebeln und einen anderen wieder aufziehen. Eine wirkliche Knochenarbeit ohne Maschinen, und wir sind froh das wir jemand finden der uns hilft. Nach ein paar Tagen Strandleben tanken wir in einer den kleinen Aborigine-Gemeinschaften auf und begeben uns auf den langen Rückweg.
Es werden die letzten Kilometer Outback sein, die letzten Kilometer roter Staub, Schlaglöcher, einsame Pisten und endlose Weiten, die letzten Kilometer des anderen Australiens. Die Zeit fängt an zu rennen, und bis Juli werden wir uns durch den Asphalt-Dschungel der Ostküste bis nach Sydney kämpfen. No worries….
pics: (1) bloomfield track; (2) coconut palm; (3) washouts at Portland roads track; (4) chilli beach sunrise; (4+5) daintree rainforest; (6) chilli beach; (7) the tip